Enttäuschung ist etwas Gutes!
Enttäuschung ist etwas Gutes. Die Täuschung, der man erlag, wird aufgehoben, der Nebel lichtet sich und die Realität wird sichtbar. Eine Hoffnung wird zerstört, eine Hoffnung, die eine Illusion war. Unsere Erwartung war falsch, die Wahrheit holt uns ein.
Ich habe mich in der Mehrheit meiner Mitmenschen getäuscht. Das weiß ich jetzt. Das Vertrauen ist weg. Es gibt viel mehr Opportunisten, die lieber mitmachen oder wegschauen, als ich dachte. Viel mehr Menschen, die sich Ihre Rechte und ihre Freiheit einfach wegnehmen lassen. Die vielleicht gar nicht bemerken, dass sie angegriffen werden. Es gibt viel mehr Menschen, die nicht lesen, die nichts von Demokratie, Gerechtigkeit, Menschenrechten wissen und auch nicht wissen wollen. Nichts von Totalitarismus, Faschismus oder Kommunismus.
Nein, der Deutsche richtet sich lieber ein. Zahlt überhöhte Energiepreise, nimmt Gesetze, die Demokratie und Freiheit gefährden widerstandslos hin oder gar nicht wahr, lässt sich sogar einsperren, toleriert die Verwendung seiner Steuergelder für Rüstung, überflüssige Pharmaka oder das größte Parlament der Welt.
Man fragt sich: Wozu haben Karl Popper, Hannah Arendt, Erich Fromm, Victor Klemperer, Hermann Broch oder Theodor Wiesengrund Adorno gelebt, wenn sie doch scheinbar niemand gelesen hat und gegenwärtig niemand liest? Wenn doch dass, wogegen sie anschrieben immer wieder passiert? Wo sind die Poppers, Arendts und Brochs unserer Zeit?
Wehret den Anfängen!
„Wehret den Anfängen“ und „Jetzt können wir endlich herausfinden, was wir anstelle unserer Urgroßeltern getan hätten.“ steht auf Plakaten junger Demonstranten, die in Deutschland gegen „rechts“ und gegen eine politische Oppositionspartei demonstrieren. Es ist richtig, gegen Fremdenfeindlichkeit aufzustehen. Doch dient die Fokussierung auf dieses eine Thema nicht lediglich dazu, von den geschaffenen Problemen und den eigentlichen Zielen der deutschen Regierung abzulenken? Wird die Gutgläubigkeit der Demonstranten denn nicht ausgenutzt?
Es ist an Dreistigkeit und Unanständigkeit nicht zu überbieten, wenn Regierungsmitglieder, deren Politik der Bevölkerung messbaren Schaden zufügt, sich zu den Demonstranten gesellen. Es ist an Falschheit und Lüge nicht zu überbieten, wenn eine Regierung sich als links und demokratisch bezeichnet und gleichzeitig rechte und antidemokratische Politik macht.
Denn eine Regierung, die sich dem Großkapital andient, Steuergelder in großem Stil zu den Konzernen verschiebt, immer neue Gesetze erlässt, um sich selbst zu schützen, Waffen in Kriegsgebiete liefert, neue Waffenfabriken baut, die Wehrpflicht wieder einführen will, sich also auf einen Krieg vorbereitet, Feindbilder schafft und Andersdenkende ausgrenzt war und ist immer totalitär und faschistisch. Ganz gleich wie bunt sie sich anmalt und wie sehr sie die Demokratie lobt.
Unerfahrenheit, Naivität und Verwirrung führen aus meiner Sicht bei einer großen Anzahl von Menschen zu einer medial unterstützten Fehlinterpretation der gegenwärtigen gesellschaftspolitischen Situation. Das enttäuscht mich. Die Demonstranten machen genau denselben Fehler wie ihre Urgroßeltern. Sie haben die Anfänge nicht erkannt und erkennen sie noch immer nicht.
Wie kann man das ertragen?
Wieder rennen Massen auf einen Abgrund zu und sind nicht aufzuhalten. Ist denn die Zahl der Opfer der Corona-Politik, des Ukraine- und Gaza-Kriegs noch nicht hoch genug?
Enttäuschung ist etwas Gutes. Enttäuscht bin ich nicht allein von den Menschen, die den geschürten Ängsten erliegen, die blind geworden falschen Narrativen folgen. Sondern enttäuscht bin ich besonders von der Anstandslosigkeit und Unmenschlichkeit der Menschen, die diese Ängste vorsätzlich verursachen. Es scheint, dass Reichtum und Macht den Menschen zum Unmenschen werden lässt.
Fehlt die Kontrollinstanz, die die Reichen und Mächtigen im Zaum hält, sie zu Ordnung, Humanität und Vernunft ruft, dann führt ihr Kapitalismus unweigerlich in den Faschismus. Denn ohne eine Kontrollinstanz verursacht die alleinige Herrschaft des Kapitals und die Profitsucht Unterdrückung und Ausbeutung. Dann bezahlt und dirigiert das Kapital die Medien, die Wissenschaft, die Politik und das Recht. Dann spielen sie ihr Spiel, ihr Kriegsspiel und jeder, der es nicht durchschaut oder der sich nicht wehren kann, wird ihr Opfer.
Enttäuschung ist etwas Gutes. Doch ist der klare Blick nicht leicht zu ertragen. Wenn offensichtlich wird, dass ein Imperium seine Vormachtstellung mit militärischer Gewalt behaupten will, weil seine Werte, seine Narrative, sein Intellekt dazu nicht ausreichen. Wenn offensichtlich wird, dass es ohne Rücksicht auf unbeteiligte Menschen und unter Inkaufnahme zahlloser Opfer ehemalige Verbündete ausnutzt und immer neue Konflikte schürt. Wenn man als Mensch daneben steht und sieht, dass so viele andere Mitmenschen das nicht sehen, sondern eine Kriegsregierung wählen, weil sie angeblich gegen Fremdenfeindlichkeit ist. Dann würde man am liebsten wegschauen, sich ganz zurückziehen oder auf eine einsame Insel fliegen.
Was also tun?
Wie sollen wir in solch einer verdrehten Welt leben? Nichts ist mehr echt. Alles gemacht. Ängste, Feindbilder und Narrative werden propagiert. Nichts davon gäbe es, ohne den unendlich großen Einfluss der Medien.
Nichts kommt mehr aus dem freien Individuum. Alles kommt von außen. Und dieses mächtige Außen nimmt dem Menschen die Möglichkeit, anders zu denken, selbst zu denken, sich seines eigenen Verstandes zu bedienen, seine selbstverschuldete Unmündigkeit zu überwinden.
Das Denken ist stereotyp, schwarz-weiß geworden. Jeder Mensch wird in eine Schublade gesteckt. Es gibt jedoch nur eine richtige Schublade. Nur in ihr steckt die einzig wahre moralische Wahrheit.
Wer nicht in dieser Schublade steckt, wer die Überzeugung hinterfragt, der wird eingeschüchtert, diffamiert, rausgeschmissen und verklagt. Aus Opfern werden Täter gemacht. Wer selbst nachdenkt, seine Meinung durch eigenes Wissen begründen kann, der wird zum Feind. Diskussion, Austausch und Diskurs ist unmöglich geworden.
Enttäuschung ist etwas Gutes. Es bleibt die Frage, was mit ihr anzufangen ist. Wer die Masse aufklären will, wird stets ihr Opfer. Mitmachen oder Wegschauen sind jedoch keine Optionen. Was also tun? Wohin mit dem Gerechtigkeitssinn?
Das Ertragen wird durch die geschichtlich begründete Aussicht erleichtert, dass eine geschichtliche Krise, eine totalitäre Herrschaft, eine Massenformation vorüber geht, sich letztendlich selbst zerstört. Das Aushalten und Durchhalten wird möglich, weil in jedem Menschen die Fähigkeit erhalten bleibt, zu Vernunft und Realität zurückzufinden. Eine verirrte Masse kann sich wandeln. Die Veränderung schreitet fort, das Leben bewegt sich und bricht jede starre und geschlossene Gesellschaft auf.
Die menschliche Kultur wird vom Menschen gemacht. Wir bestimmen, wie wir leben. Ein Spiel, dass nicht unser Spiel ist, müssen wir nicht mitspielen. Werte, die wir nicht in uns fühlen, müssen wir nicht tragen.
Jeder kann sich dem Spiel entziehen ohne wegzulaufen, sich auf den eigenen Weg machen, neues Vertrauen aufbauen. Jeder kann ethisch und humanitär handeln. Jeder kann das Leben genießen, in die Natur gehen, körperlich aktiv sein, die Gemeinschaft finden, seine Individualität entwickeln, empathisch und vernünftig bleiben und den Anstand bewahren.
Es wird Zeit aufzustehen, jede bedrückende Last abzuwerfen und endlich wieder frei durchzuatmen.
Den Essay: "Schaffen wir eine Neue Kultur-Weil Menschsein mehr ist als Ökonomie" erhalten Sie hier.